Dritte Fastenmail: „Sollte dem HERRN etwas unmöglich sein?“

Djamila Grossman

Da sprachen sie zu ihm: Wo ist Sara, deine Frau? Er antwortete: Drinnen im Zelt. Da sprach er: Ich will wieder zu dir kommen übers Jahr; siehe, dann soll Sara, deine Frau, einen Sohn haben. Das hörte Sara hinter ihm, hinter der Tür des Zeltes. Und sie waren beide, Abraham und Sara, alt und hochbetagt, sodass es Sara nicht mehr ging nach der Frauen Weise. Darum lachte sie bei sich selbst und sprach: Nun, da ich alt bin, soll ich noch Liebeslust erfahren, und auch mein Herr ist alt! Da sprach der HERR zu Abraham: Warum lacht Sara und spricht: Sollte ich wirklich noch gebären, nun, da ich alt bin? Sollte dem HERRN etwas unmöglich sein? Um diese Zeit will ich wieder zu dir kommen übers Jahr; dann soll Sara einen Sohn haben. (Genesis 18,9–14)

Liebe Mitfastende,

haben Sie den Eindruck, dass Sie sich gut halten? Im freiwilligen Verzicht auf etwas? Halten Sie sich gut darin, Zuversicht zu üben? Sind Sie zufrieden mit sich selbst? Oder würden Sie sich mehr wünschen? Mehr Gelassenheit, mehr Durchhaltevermögen, mehr Vertrauen?

Wir sind es gewohnt, dass von uns verlangt wird, uns „gut zu halten“. Älteren Menschen macht man damit ein Kompliment. Es bedeutet, dass jemand immer noch frisch wirkt und tatkräftig. Wer jemanden fragt: „Wie hältst du dich?“, geht davon aus, dass das Gegenüber gerade herausgefordert ist. Man kann Kranken diese Frage stellen oder Menschen, die gerade besonders viel arbeiten müssen. Wer sich aber „gut hält“, hat sich im Griff, lässt sich nicht hängen, gibt nicht auf. Dennoch gibt es Zeiten, in denen wir uns eben nicht mehr halten können, sondern loslassen müssen.

Ein Paradebeispiel für ein älteres Paar, das sich gut hält, sind Sara und Abraham. Die Bibel erzählt in Genesis 12, dass Gott sie auffordert, ihre Heimat zu verlassen, als beide bereits ein angemessenes Rentenalter erreicht haben. Abraham ist 75, seine Frau 65. Wie gut sich die beiden gehalten haben, wird kurz darauf deutlich, als sie wegen einer Hungersnot nach Ägypten fliehen müssen und dort der Pharao Sara wegen ihrer Schönheit in seinen Harem aufnehmen will. Würde man Sara und Abraham fragen: „Wie haltet ihr euch?“, würden sie vermutlich von ihrer großen Herausforderung erzählen: Sie bekommen keine Kinder, und sie unternehmen enorme Anstrengungen, das zu ändern. Sara befiehlt sogar ihrer Dienerin Hagar, Abrahams Kind zu bekommen, damit es endlich Nachwuchs in der Familie gibt. Ein eigenes Kind bleibt Sara aber weiterhin verwehrt, obwohl Gott ihrem Mann mehrmals und ausdrücklich sagte, dass sie einmal viele Nachkommen haben würden.

Sara und Abraham halten sich trotz allem tapfer, jahrelang. Als Sara 89 ist, bekommen sie Besuch von drei Männern. Abraham und Sara bewirten den Besuch angemessen, und es kommt zu der Szene, die für unsere dritte Fastenwoche ausgesucht wurde: Sara bekommt mit, dass man Abraham erzählt, sie würde demnächst schwanger werden. Ihre Wechseljahre liegen Jahrzehnte zurück, und auch ihre Libido hat sich deutlich verringert – denkt sie bei sich und lacht dabei. Und dann geschieht etwas Merkwürdiges: Aus den drei Männern wird plötzlich Gott selbst, und der fragt Abraham: „Warum lacht Sara? Sollte dem HERRN etwas unmöglich sein?“ Es ist, als ob Saras Lachen auslöste, dass Gott sich zu erkennen gibt. Und es scheint, als ob Gott nun endlich selbst in die Hand nimmt, was er seit Jahrzehnten immer wieder versprochen hat. Sara zumindest scheint die Verantwortung los zu sein, für Nachwuchs zu sorgen. Gott mag es möglich sein, dass sie noch ein Kind bekommt, ihr selbst ist das nicht mehr möglich.

Manchmal muss man loslassen. Manchmal muss man die eigene Verantwortung abgeben. Dann hält man sich nicht mehr tapfer oder gut, sondern man gesteht sich tapfer ein, dass man selbst nicht alles schaffen kann. Unsere Bibelstelle für diese Woche sagt, dass das der Moment sein kann, in dem Gott sich zeigt. Der Moment, in dem ich mir eingestehe, dass ich selbst nicht alles kann, ist der Augenblick, in dem ich erkenne, dass Gott alles möglich ist. In diesem Augenblick kann ich lachen, weil ich eine Last loswerde, die für mich allein zu schwer ist.

Wie es in der biblischen Geschichte weiterging, lässt sich nachlesen: Sara bekam mit 90 Jahren ihren Sohn, und die Freude war sicher groß. Ich behaupte, dass Sara bereits in dem Moment, als sie gelacht hat, glücklicher war als zuvor: Sie wurde sich klar darüber, dass sie nicht wie Gott sein muss, dem alles möglich ist. Ihr Lachen war so etwas wie ein „Gott befohlen!“. Sie verlor nicht ihre Hoffnung, aber sie übertrug ihre Hoffnung auf Gott. Und damit gab sie die Last ab, dass sich der Wunsch gefälligst erfüllen muss.

Das ist ein entscheidender Aspekt von Zuversicht: Wir können uns fröhlich klarmachen, dass nicht alles in unserer Hand liegt. Wir können viel planen und organisieren. Wir können uns anstrengen und hoffen, dass uns gelingt, was wir uns vornehmen. Aber es ist Gott, dem kein Ding unmöglich ist, nicht wir selbst.

Darum lautet meine Wochenaufgabe heute so: Gönnen Sie es sich, eine Hoffnung, die Sie haben, auf Gott zu übertragen. Sie können zum Beispiel einen lieben Menschen, dem Sie gerade nicht selbst helfen können, Gott ans Herz legen. Oder Sie können Ihre Sorge um Ihre Gesundheit an Gott delegieren. Gestehen Sie sich ruhig ein, dass Sie sich hier und da nicht mehr gut halten können und geben Sie – vielleicht lachend – ab.

Bleiben Sie weiter in Kontakt miteinander und tauschen Sie sich aus. Nutzen Sie dabei in den Social Media die Hashtags #7wochenohne und #zuversicht, und in dieser Woche besonders #ohnemisstrauen. Ich bedanke mich auch für Ihre Zuschriften und bitte um Nachsicht dafür, dass ich nicht sämtliche beantworte.

Eine gesegnete Woche für Sie alle!

Ihr Frank Muchlinsky

Frank Muchlinsky ist Pastor der Nordkirche. Er hat viele Jahre in der Erwachsenenbildung und in der Diakonie gearbeitet. Sein Schwerpunkt liegt darauf, Glaube und Theologie erfahrbar und verständlich zu machen. Seit 2012 arbeitet er bei evangelisch.de.

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